Wir haben uns so verständigt, dass das eine Jahr Martina für die Reiseziele verantwortlich ist und das andere Jahr Thomas. Für 2020 suchte Martina die Destinationen aus.
Als Entscheidungshilfe besuchten wir Ende Oktober 2019, wie die Jahre zuvor auch, Thüringens größte Reise-Messe, die Reisen&Caravan in Erfurt (www.reisen-caravan.de).
Nach diesem Besuch grenzten wir die Destinationen für unseren Urlaub auf drei Ziele ein, Kanada, Madagaskar und Uganda. Nach der Einholung verschiedener Angebote entschied sich Martina für Uganda.
Wir verglichen verschiedene Uganda-Angebote und buchten eine dreiwöchige Selbstfahrerrundreise im Juni 2020 bei African Dreamtravel (www.african-dreamtravel.de). Für Weihnachten stellten wir uns Island mit Mietwagen und Ferienhaus vor, weil wir in Norwegen die Polarlichter nicht gesehen hatten, diese aber auf unserer Löffelliste stehen. Aber dieses Projekt hatte ja noch etwas Zeit.
Aber bevor es nach Uganda geht, müssen wir erstmal, so wie jedes Jahr seit 2013, nach Tansania an unseren geliebten, ursprünglichen, weit weg vom Pauschaltourismus gelegenen Ushongo Beach.
Wir schauten also, wann es mit unserer kleinen Firma am vereinbarsten ist für zirka drei Wochen an unseren Ruhepool zu reisen und legten uns so fest, dass wir am 15.03 abfliegen und am 03.04.2020 wieder zurück in Deutschland sein würden, denn Martina wollte gern auch mal wieder ihren Geburtstag zu Hause feiern.
Also prüften wir, ob unser Ferienhaus, welches wir die Jahre zuvor lieb gewonnen hatten, frei ist und buchten es (www.beachvillatanzania.com).
Auch schauten wir nach Flügen und entschieden uns für das Angebot von Turkish Airlines ab Frankfurt über Istanbul nach Daressalam.
Kurzum, im November 2019 war unser Tansania-Aufenthalt in Sack und Tüten.
Als wir im Januar aus unserem Weihnachts- und Silvesterurlaub aus Indien zurückkehrten,
dauerte es nicht lange, bis die ersten Meldungen über ein neuen SARS-Virus in China über den Ticker liefen. 2003 fand ein SARS-Ausbruch mit zahlreichen Toten in Südostasien statt, an den ich mich mit keiner Silbe mehr erinnern konnte. China ist weit weg und so hielt sich mein Interesse dafür in Grenzen.
Aber die Meldungen rissen nicht ab und im Februar hatte das Virus Deutschland erreicht. Bald darauf wurde das erste deutsche Todesopfer gemeldet und die Meldungen zeichneten ein immer düsteres Bild.
Anfang März war ich beruflich in Österreich und mittlerweile vermied man es sich die Hand zur Begrüßung zu geben. Am 12.03. wurde bekannt, dass in Thüringen die Schulen geschlossen werden sollen und am 13.03. teilte Turkish Airlines mit, dass ab sofort alle Flüge von und nach acht europäische Länder gecancelt wurden. Und natürlich war Deutschland unter diesen acht Ländern.
Scheiße dachten wir uns, was geht denn hier ab? Wir hatten das Ferienhaus und die Flüge gebucht und bezahlt, zahlreiche Dinge eingekauft, die wir mitnehmen wollten und unsere 2x40 Kilogramm Freigepäck plus 2x 8 kg Handgepäck nach Tansania waren völlig ausgeplant.
Also musste Plan B her.
Wir versuchten Kontakt zu unseren jahrelangen Freund Mike in Tansania aufzunehmen der uns vom Airport abholen wollte und wir uns auf ein Wiedersehen mit ihm sehr freuten. Er hatte uns in den letzten Jahren in Tansania oft geholfen, wir machten viele Safaris mit ihm zusammen und es entwickelte sich eine wunderbare Freundschaft.
Für dieses Jahr planten wir eine Safari im Selous, der kürzlich erst zum Nationalpark umgewandelt wurde.
Mike war für eine Woche in der Schweiz und flog am 13.03. zurück nach Tansania. Wir erreichten ihn aber erstmal nicht, da er im Flugzeug zurück nach Hause saß. Wir erwischten ihn dann kurz telefonisch zwischen Passkontrolle und Gepäckausgabe am Flughafen in Daressalam und vereinbarten uns, nachdem wir die Situation geschildert hatten, dass wir erstmal eine Nacht drüber schlafen wollen, bevor wir eine Entscheidung treffen, ob wir fliegen oder nicht.
Am 14.03. nahmen wir früh Verbindung zu Busso, der Vermieter unseres Ferienhauses, auf und schilderten die Situation. Mittlerweile hatten wir geprüft, welche Möglichkeiten uns noch offen standen. Die Türken cancelten zwar die Flüge nach Europa, nicht jedoch unseren Anschlussflug nach Daressalam. Also wäre es doch das Einfachste mit einer anderen Airline nach Istanbul zu fliegen, um dann von dort aus mit unserem gebuchten TK-Flug weiterzufliegen.
Jedoch stellten wir schnell fest, dass man als deutscher Staatsbürger gerade nicht nach Istanbul fliegen durfte, so dass wir diese Variante wieder verwarfen.
Als nächste Möglichkeit wäre eine Buchung der Flüge über die Swiss ab Frankfurt. Wir prüften. Plätze waren noch frei, die Flüge sogar günstiger als die TK-Flüge, aber nur 23 Kilogramm Freigepäck pro Person anstatt der 40 Kilo bei TK.
Hm, was nun machen? Die Meldungen und Ereignisse überschlagen sich ja gerade. Eine Hiobsbotschaft jagte die nächste.
Wir fragten Busso, ob das Haus nach unserer Abreise noch frei ist, für den unwahrscheinlichen Fall, dass es Probleme beim Rückflug mit Swiss geben würde.
Er sagte uns, dass das Haus noch frei sei und für die Zeit um Ostern herum, wenn andere Gäste das Haus gebucht haben, stände noch das benachbarte Cottage für uns zur Verfügung. Aber bis Ostern ist es ja noch so weit, bis dahin werden wir mit nahezu 100%iger Wahrscheinlichkeit wieder zu Hause sein, schließlich musste ich am 06.04. einen großen Auftrag beginnen, dachten wir.
Nun versuchten wir Mike zu erreichen, um die Situation in Daressalam zu erfragen. Aber Mike war nicht erreichbar. Wir versuchten ihn auf allen Kanälen zu erreichen, aber er nahm nicht ab und rief auch nicht zurück.
Na gut, es musste eine Entscheidung her. Wir entschieden uns noch bis 14.00 Uhr zu warten. Sollte Mike bis dahin nicht zurückrufen, bleiben wir zu Hause.
Aus Minuten wurden Stunden, wir saßen auf Kohlen, aber es kam kein Rückruf.
Es wurde 14.00 Uhr und es war immer noch Funkstille. Scheiße, Mist, wieso ruft er nicht zurück? Wir hatten doch vereinbart, dass wir heute telefonieren würden. Ist irgendetwas passiert?
Wie auch immer, die Deadline ist überschritten, wir müssen Wohl oder Übel zu Hause bleiben, obwohl wir doch so gerne diesem Corona-Chaos in Deutschland für zumindest drei Wochen entfliehen wollten. Nach diesen drei Wochen wird sich die Situation sicherlich schnell wieder normalisieren, dachten wir, aber es sollte halt nicht sein.
14.30 Uhr. Das Handy klingelt. Wo liegt es? Ah, gefunden. Wer ruft denn an? Das Display verrät es. Es ist Mike. "Verdammt, Mike, wieso rufst du denn erst jetzt an?" Ihm ist das Handy im Taxi aus der Hose gefallen und es dauerte bis jetzt, bis er den Taxifahrer ausgemacht hat und sein Handy wieder hatte. Oh manno man, das darf doch nicht wahr sein! Wie ist denn die Situation in Tansania, wollten wir wissen. Alles okay, man muss nur ein medizinischen Fragebogen ausfüllen und es wird die Körpertemperatur gemessen, das wars, antwortete er. Keine Quarantäne oder irgendwelche andere Einschränkungen, wollten wir wissen? Nein, versicherte er uns, alles in Ordnung. Okay, wir checken, ob wir noch buchen können und melden uns dann wieder.
Nun war die Frage, wer den inneren Machtkampf bei uns gewinnen sollte, der Kopf oder das Herz? Der Kopf sagte: "Denkt bitte was die Kanzlerin gesagt hatte, die von nicht notwendigen Urlaubsreisen abriet." Das würde heißen, dass wir zu Hause bleiben würden. Das Herz sagte:"Natürlich ist diese Reise notwendig. Scheiß drauf was passiert, no risk no fun, immerhin lebt man nur einmal."
Wie auch immer, der Kampf dauerte nicht lange und das Herz hatte gesiegt. "Wenn wir jetzt nicht fliegen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir nicht mehr wegkommen" und "zurück gibt es immer ein Weg" waren wirklich gute und überzeugende Argumente für uns.
Wir also auf die Swiss-Homepage und die Flüge mit dem Geld gebucht, welches TK uns auf unsere Kreditkarte gutgeschrieben hat. Nun noch die Koffer packen, und zwar so, dass aus 2x40 kg nun 2x23 kg wurden und ab ins Bett, denn der Flug von Frankfurt nach Zürich startet kurz nach 06.00 Uhr, man zwei Stunden vorher bekanntlich am Airport sein muss und wir noch 270 Kilometer zu fahren hatten.
Am 15.03.2020 um 01.00 Uhr sollte somit unsere Reise beginnen, die wir so schnell nicht wieder vergessen werden sollten.
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